Dampfen und EU-Regulierungen
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Soll das Dampfen in der EU bald überall verboten werden? Ein kritischer Blick auf die Pläne der EU-Kommission

Quelle zum Beitrag: https://www.clearingtheair.eu/en/post/the-eu-commission-wants-to-ban-vaping-everywhere-meps-should-stand-up-to-them

Die EU-Kommission hat kürzlich einen Vorschlag vorgelegt, der das Dampfen, also die Nutzung von E-Zigaretten, in allen öffentlichen Räumen – sowohl drinnen als auch draußen – verbieten möchte. Dieser Vorschlag wird derzeit heiß diskutiert, da er Teil der „Empfehlung des Rates für eine verstärkte Prävention gegen Krebs“ ist. Doch was steckt hinter diesem Plan? Und wie sinnvoll ist ein solches Verbot wirklich? In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte, erklären die Hintergründe und werfen einen kritischen Blick auf die möglichen Folgen.


Was genau plant die EU-Kommission?

Die EU-Kommission schlägt vor, das Dampfen rechtlich mit dem Rauchen gleichzusetzen, zumindest wenn es um die Nutzung in öffentlichen Räumen geht. Das würde bedeuten, dass E-Zigaretten an denselben Orten verboten wären wie herkömmliche Zigaretten, zum Beispiel:

  • in Restaurants und Cafés,
  • auf öffentlichen Plätzen und in Parks,
  • an Arbeitsplätzen,
  • sowie in Verkehrsmitteln wie Zügen und Bussen.

Dieser Vorschlag ist jedoch nicht bindend, sondern eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten. Das heißt, dass jedes Land selbst entscheiden kann, ob es das Dampfen an diesen Orten verbietet. Trotzdem wird befürchtet, dass viele Länder diesen Vorschlag umsetzen könnten, sobald er offiziell verabschiedet wird.


Was sind die Gründe für diesen Vorschlag?

Die EU-Kommission argumentiert, dass der Schutz der öffentlichen Gesundheit oberste Priorität habe. Es wird angenommen, dass das Dampfen potenziell schädlich für Dritte sein könnte, ähnlich wie Passivrauchen bei herkömmlichen Zigaretten. Allerdings gibt es hier eine große Kontroverse.

Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2021 soll der Einfluss von E-Zigaretten auf die Gesundheit von Passivdampfern weiter untersucht werden. Die Kommission beruft sich auf diese Studie, um ihren Vorschlag zu rechtfertigen. Gleichzeitig räumt die Studie selbst ein, dass die bisherige Datenlage unzureichend ist und weitere Forschung notwendig sei.


Kritik: Fehlende wissenschaftliche Grundlage

Viele Experten und Kritiker bemängeln, dass die EU-Kommission keine aktuelle Folgenabschätzung zum Dampfen durchgeführt hat. Die WHO-Studie von 2021 ist mittlerweile über drei Jahre alt, und seitdem gab es keine neuen umfassenden Untersuchungen. Dabei ist bekannt, dass die wissenschaftliche Sicht auf E-Zigaretten differenziert ist.

Zum Beispiel zeigt ein Bericht des britischen Gesundheitsdienstes Public Health England aus dem Jahr 2018, dass das Dampfen etwa 95 % weniger schädlich ist als herkömmliches Rauchen. Diese Einschätzung wird auch von anderen Organisationen, wie dem Royal College of Physicians, gestützt. E-Zigaretten sind demnach eine weniger gefährliche Alternative für Raucher, die aufhören möchten, aber Schwierigkeiten haben, komplett auf Nikotin zu verzichten.

Die EU-Kommission scheint diese Aspekte jedoch nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Kritiker werfen ihr vor, eine Politik zu verfolgen, die eher auf Ideologie als auf Wissenschaft basiert.


Was sagen die Befürworter von E-Zigaretten?

Befürworter des Dampfens argumentieren, dass ein striktes Verbot kontraproduktiv sein könnte. Hier einige der wichtigsten Punkte:

  1. Dampfen hilft Rauchern beim Aufhören:
    Studien zeigen, dass viele Raucher mit Hilfe von E-Zigaretten erfolgreich den Ausstieg aus der Tabaksucht schaffen. Ein Verbot könnte diesen Menschen den Zugang zu einer weniger schädlichen Alternative erschweren.
  2. Dampfen ist weniger schädlich:
    E-Zigaretten enthalten zwar Nikotin, jedoch keine der giftigen Stoffe, die durch die Verbrennung von Tabak entstehen. Diese Substanzen sind die Hauptursache für Krankheiten wie Lungenkrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  3. Keine klare Gefahr durch Passivdampf:
    Bisher gibt es keine überzeugenden Beweise dafür, dass Passivdampf schädlich für die Gesundheit von Dritten ist. Der Dampf von E-Zigaretten enthält deutlich weniger schädliche Stoffe als Zigarettenrauch.
  4. Ein Verbot könnte den Schwarzmarkt fördern:
    Strenge Regulierungen könnten dazu führen, dass Nutzer auf den Schwarzmarkt ausweichen. Das könnte wiederum gefährliche Produkte fördern, wie es bei den Fällen von gepanschten E-Liquids in den USA im Jahr 2019 zu sehen war.

Welche politischen Reaktionen gibt es?

Im Europäischen Parlament wird der Vorschlag der EU-Kommission kontrovers diskutiert. Besonders Mitglieder der Europäischen Volkspartei (EVP) haben sich kritisch geäußert. Dr. Peter Liese, ein Abgeordneter der EVP und praktizierender Arzt, sagte:

„Wir sollten das Dampfen nicht mit dem Rauchen gleichsetzen. Dampfen ist deutlich weniger schädlich, und viele Menschen haben dadurch erfolgreich mit dem Rauchen aufgehört. Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage dafür, das Dampfen in allen öffentlichen Räumen zu verbieten.“

Andere Fraktionen, wie die Grünen und die Sozialdemokraten, unterstützen jedoch strengere Vorschriften für E-Zigaretten. Es bleibt abzuwarten, wie das Parlament in den kommenden Tagen abstimmen wird.


Die möglichen Folgen eines Verbots

Ein flächendeckendes Verbot des Dampfens in öffentlichen Räumen könnte weitreichende Konsequenzen haben. Hier einige Szenarien, die eintreten könnten:

  1. Weniger Anreize, mit dem Rauchen aufzuhören:
    Wenn Dampfen genauso stark reguliert wird wie Rauchen, könnten Raucher den Umstieg als sinnlos empfinden und einfach bei Zigaretten bleiben.
  2. Gefahr für die öffentliche Gesundheit:
    E-Zigaretten könnten an Bedeutung verlieren, was dazu führen könnte, dass weniger Menschen vom Rauchen loskommen. Das wäre ein Rückschritt im Kampf gegen tabakbedingte Krankheiten.
  3. Diskriminierung von Dampfern:
    Ein Verbot könnte Dampfer stigmatisieren und sie in eine ähnliche soziale Position wie Raucher drängen, obwohl das Dampfen weniger schädlich ist.
  4. Wirtschaftliche Auswirkungen:
    Die E-Zigaretten-Branche ist eine aufstrebende Industrie mit Millionen von Arbeitsplätzen in Europa. Ein Verbot könnte diese Branche empfindlich treffen.

Fazit: Braucht es wirklich ein Verbot?

Die Diskussion um E-Zigaretten zeigt, wie komplex das Thema ist. Einerseits gibt es berechtigte Sorgen um die öffentliche Gesundheit und den Schutz von Nichtrauchern. Andererseits gibt es kaum stichhaltige Beweise dafür, dass das Dampfen eine ernsthafte Gefahr für Dritte darstellt. Ein pauschales Verbot ohne solide wissenschaftliche Grundlage könnte daher mehr schaden als nützen.

Es ist wichtig, dass politische Entscheidungen auf Fakten und nicht auf Vorurteilen basieren. Dampfen ist nicht harmlos, aber es ist eine bedeutend weniger schädliche Alternative zum Rauchen. Statt Verbote auszusprechen, sollte die EU mehr in Forschung investieren und eine Aufklärungskampagne starten, die über die Vor- und Nachteile des Dampfens informiert.

Die Entscheidung liegt jetzt bei den Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Wir können nur hoffen, dass sie sich für eine ausgewogene und wissenschaftlich fundierte Politik entscheiden.


Quellen:

  1. Public Health England: E-Zigaretten Bericht 2018
  2. WHO: Report on the Global Tobacco Epidemic 2021
  3. Royal College of Physicians: Nicotine without smoke – Tobacco harm reduction
  4. Europäische Kommission: Empfehlung für die Krebsprävention

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