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OLG Köln erklärt die E-Zigarette zum Handy – ein Urteil gegen jede Vernunft

Ein neues Urteil des Oberlandesgerichts Köln sorgt für Kopfschütteln: Die Richter entschieden, dass die Bedienung einer E-Zigarette mit Touchdisplay am Steuer unter das Handyverbot fällt (Az. III-1 ORbs 139/25, Beschluss vom 25. 09. 2025).
Was wie ein skurriler Einzelfall klingt, ist in Wahrheit ein Paradebeispiel für realitätsferne Rechtsprechung – und betrifft jeden Autofahrer, nicht nur Dampfer.


Der Fall: Von der E-Zigarette zum Bußgeld

Ein Autofahrer wurde auf der Autobahn beobachtet, wie er während der Fahrt auf einem kleinen Gerät herumtippte.
Die Polizei hielt es für ein Handy – tatsächlich handelte es sich um eine E-Zigarette mit Touchscreen, über den der Fahrer seine Leistungseinstellung anpassen wollte.

Das Amtsgericht Siegburg verurteilte ihn zu 150 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg.
Der Fahrer legte Rechtsbeschwerde ein – und verlor.

Das OLG Köln bestätigte das Urteil:
Die Bedienung einer E-Zigarette mit Display während der Fahrt sei eine Benutzung eines elektronischen Geräts im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO.
Begründung: Ein Touchdisplay zeige Informationen an und erfordere Interaktion – genau das, was das Gesetz verhindern wolle.

Mit anderen Worten:

Wer beim Fahren seine E-Zigarette bedient, wird behandelt wie jemand, der am Handy tippt.


Juristisch korrekt – praktisch absurd

Rein rechtlich ist das Urteil nachvollziehbar.
Der § 23 Abs. 1a StVO verbietet die Nutzung elektronischer Geräte mit Berührungsbildschirm, wenn der Fahrer dafür den Blick von der Straße abwenden muss.
Das soll Ablenkung vermeiden – und das ist grundsätzlich richtig.

Aber: Das OLG Köln geht weiter als alle bisherigen Urteile.
Es erklärt jedes elektronische Gerät mit Touchdisplay, das in der Hand gehalten wird, zum Risiko – unabhängig von seiner Funktion.
Damit fallen plötzlich auch E-Zigaretten, Smartwatches, Dashcams oder Musikcontroller darunter.

Und genau hier beginnt die Absurdität:
Denn dieselbe Art der Bedienung ist in modernen Autos zwingend erforderlich – aber dort vollkommen legal.


Moderne Fahrzeuge: Touchpflicht statt Sicherheit

Wer heute einen Audi A6, BMW i5 oder Tesla fährt, weiß:
Ohne Touchscreen geht gar nichts mehr. Selbst die Klimaanlage, die Sitzheizung oder die Lüftung müssen über verschachtelte Menüs eingestellt werden.

Das bedeutet:

  • Mehrere Touchfelder antippen
  • Den Blick mehrere Sekunden von der Straße nehmen
  • Präzise zielen, während man fährt

Genau das, was das Gericht beim Dampfen verbietet, wird also im Fahrzeug selbst verlangt.

Das Urteil zeigt damit die ganze Widersprüchlichkeit moderner Verkehrspolitik:

Der Fahrer wird bestraft, weil er abgelenkt ist – während ihn das Fahrzeug selbst ständig ablenkt.


Hersteller bauen Ablenkung ein – der Fahrer zahlt

Studien von DEKRA und ADAC zeigen:
Die Bedienung per Touchscreen verlängert die Blickabwendung von der Straße um bis zu 50 Prozent gegenüber klassischen Knöpfen.

Trotzdem dürfen Hersteller weiter vollflächige Displays verbauen, weil sie „modern“ wirken.
Der Fahrer dagegen riskiert Bußgeld, sobald er ein anderes Gerät mit Bildschirm – etwa seine E-Zigarette – in die Hand nimmt.

Das ist nicht Verkehrssicherheit, das ist Doppelmoral.
Denn objektiv gesehen ist die Bedienung einer E-Zigarette oft kürzer und sicherer als die Touchsteuerung der Klimaanlage bei 130 km/h.


Was das für Dampfer konkret bedeutet

Nach diesem Urteil gilt:

  • Wer während der Fahrt am Display der E-Zigarette Einstellungen verändert, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
  • Es drohen 150 Euro Bußgeld und 1 Punkt.
  • Das gilt selbst dann, wenn keine Nachricht geschrieben oder telefoniert wurde.

Erlaubt bleibt lediglich das reine Dampfen – also das Inhalieren, ohne das Display zu bedienen.

Praktisch bedeutet das:

  • Einstellungen immer vor der Fahrt vornehmen.
  • Kein „mal schnell Wattzahl hochdrehen“ auf der Autobahn.
  • Keine Neugier auf Puff-Counter oder Akkuanzeige während der Fahrt.

Das Urteil schafft also Klarheit – aber keine Gerechtigkeit.


Ein Urteil gegen gesunden Menschenverstand

Das OLG Köln wollte Ablenkung verhindern – herausgekommen ist ein Urteil, das Logik und Lebenswirklichkeit ignoriert.
Denn es macht den Unterschied nicht zwischen gefährlichem Verhalten und normalem Gebrauch, sondern nur zwischen „fest verbaut“ und „in der Hand“.

Ein Ex-Raucher, der bewusst auf eine E-Zigarette als weniger schädliche Alternative umgestiegen ist, wird so behandelt, als hätte er am Handy gespielt.
Während ein Tesla-Fahrer unbehelligt durchs Menü wischt, um die Temperatur zu regeln.

Das ist kein Fortschritt in der Verkehrssicherheit – das ist Symbolpolitik.
Und sie trifft ausgerechnet diejenigen, die verantwortungsvoll handeln und niemanden gefährden.


Fazit

Das Urteil des OLG Köln (III-1 ORbs 139/25) ist juristisch sauber, aber praktisch widersprüchlich.
Es kriminalisiert Dampfer für eine Handlung, die im Auto selbst längst Alltag ist.

Wenn die StVO ernsthaft Ablenkung verhindern will, muss sie technologisch modernisiert werden:

  • Gleiche Regeln für gleiche Ablenkung – egal ob Handy, E-Zigarette oder Automenü.
  • Verpflichtung der Hersteller, sicherheitsrelevante Funktionen über echte Tasten erreichbar zu machen.
  • Klare Differenzierung zwischen gefährlichem Verhalten und harmlosen Handgriffen.

Bis dahin bleibt festzuhalten:
Das OLG Köln hat nicht nur über eine E-Zigarette geurteilt – es hat ein Urteil über die Vernunft gefällt.

Thomas Frohnert aka Steamshots ist leidenschaftlicher Dampfer, Technik-Enthusiast und Betreiber von steamshots.de. Seit über zehn Jahren setzt er sich intensiv mit dem Thema Dampfen und Harm Reduction auseinander. Auf seinem Blog teilt er fundierte Einblicke, ehrliche Reviews und praxisnahe Tipps rund um Aromen, Hardware und aktuelle Entwicklungen der Branche. Sein Ziel: Aufklärung ohne Hype – sachlich, verständlich und mit einem persönlichen Touch.

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