| | |

Einseitige Verteufelung: Warum der BfR-Podcast zur E-Zigarette die Fakten verdreht

Der BfR-Podcast mit Dr. Elke Pieper „E-Zigaretten: Chemikalien-Dampf mit ungeklärten Langzeitfolgen“ hat viele Themen angeschnitten, die mir als Dampfer und jemandem, der sich intensiv mit der Thematik befasst hat, persönlich sehr wichtig sind. Doch vieles von dem, was gesagt wurde, ist entweder stark verzerrt, unvollständig oder schlicht falsch dargestellt. In diesem Beitrag möchte ich die Aussagen des Podcasts kritisch hinterfragen, mit Fakten unterlegen und aufzeigen, wie einseitig hier berichtet wird. Mein Ziel ist nicht, die Risiken der E-Zigarette zu verharmlosen, sondern einen ausgewogenen Blick zu ermöglichen, der oft fehlt.

Die Verpackung lockt Jugendliche an? Ein Scheinargument.

Der Podcast beginnt mit dem Vorwurf, dass bunte Verpackungen und fruchtige Aromen Jugendliche anziehen. Ja, es gibt E-Zigaretten mit fruchtigen Geschmacksrichtungen – und genau das macht sie zu einer beliebten Alternative für erwachsene Raucher, die von Tabak wegkommen wollen. Studien zeigen, dass Aromen ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Umstellung sind. Ohne Aromen wie Frucht oder Menthol würden viele Raucher wieder zur Zigarette greifen.

Dass Jugendliche angeblich durch diese Verpackungen verleitet werden, ignoriert, dass die Verkaufszahlen bei Minderjährigen – zumindest in Deutschland – dank strenger Kontrollen und Altersverifikationen stark begrenzt sind. Die Mehrzahl der Konsumenten sind erwachsene Ex-Raucher. Diese Pauschalisierung schädigt die Wahrnehmung der E-Zigarette als Mittel zur Schadensminimierung.

Nikotin und das Abhängigkeitspotenzial – ein übertriebenes Bild

Im Podcast wird wiederholt darauf hingewiesen, wie stark Nikotin süchtig macht. Doch diese Sichtweise blendet wissenschaftliche Nuancen aus. Nikotin allein hat ein geringeres Abhängigkeitspotenzial als Tabakrauch, wie eine 2014 in der Zeitschrift „Drug and Alcohol Dependence“ veröffentlichte Studie zeigt. Das Suchtpotenzial von Zigaretten beruht vor allem auf der Kombination von Nikotin mit anderen Stoffen im Tabakrauch, die die Wirkung verstärken. Bei E-Zigaretten fehlt diese Kombination weitgehend.

Auch der oft wiederholte Vergleich mit Nikotinpflastern ist irreführend. Während Nikotinersatztherapien (NET) wie Pflaster oder Kaugummis eine geringe „Belohnung“ bieten, erzielen E-Zigaretten durch die schnelle Nikotinaufnahme ähnliche Effekte wie Zigaretten. Das ist gerade für Umsteiger entscheidend, die den Nikotin-Kick der Zigarette gewohnt sind.

Krebserregende Stoffe? Deutlich weniger als bei Zigaretten

Der Podcast behauptet, dass der Dampf von E-Zigaretten krebserregende Stoffe wie Formaldehyd oder Acrolein enthalten kann. Was verschwiegen wird: Die Mengen dieser Stoffe liegen um ein Vielfaches unter denen von Tabakrauch. Eine umfangreiche Studie von Public Health England aus dem Jahr 2015 kam zu dem Schluss, dass E-Zigaretten mindestens 95 % weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten. Diese Zahl wird zwar gerne kritisiert, doch bis heute gibt es keine belastbaren Daten, die diese Einschätzung grundlegend widerlegen.

Außerdem entstehen solche Stoffe in der Regel nur bei Überhitzung – einem sogenannten „Dry Hit“, der bei normalem Gebrauch vermieden wird, da er für den Nutzer unangenehm ist. Gute Geräte und ordnungsgemäß verwendete Liquids minimieren das Risiko.

Langzeitfolgen – die ewige Nebelkerze

Ein weiterer Kritikpunkt im Podcast sind die angeblich ungeklärten Langzeitfolgen. Diese Argumentation ist populär, aber wenig hilfreich. Für keine neue Technologie – seien es Smartphones, Medikamente oder alternative Energieformen – gibt es von Anfang an Langzeitdaten. Man muss sich auf mechanistische Studien und kurz- bis mittelfristige Daten stützen.

Hier zeigen die bisherigen Ergebnisse: Im Vergleich zu Zigaretten sind E-Zigaretten signifikant weniger schädlich. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie bei normalem Gebrauch zu ernsthaften Lungenerkrankungen wie COPD führen. Natürlich heißt das nicht, dass sie völlig harmlos sind – aber das ist auch nicht der Punkt. Der Vergleich mit der Zigarette ist entscheidend, nicht der mit sauberer Luft.

Die „Dual-Use“-Problematik – ein hausgemachtes Problem

Dual Use, also die parallele Nutzung von E-Zigaretten und Tabakzigaretten, wird als besonders gefährlich dargestellt. Hier ist der eigentliche Skandal: Während viele Menschen auf E-Zigaretten umsteigen wollen, erschweren restriktive Regulierungen und übertriebene Warnungen diesen Prozess. Wer Dual Use betreibt, hat oft nicht genug Motivation oder Informationen, um komplett umzusteigen. Statt Angst zu schüren, wäre eine klare Empfehlung für den vollständigen Umstieg hilfreicher.

Harm Reduction – das ignorierte Potenzial

Harm Reduction, also die Schadensminimierung, ist das Herzstück der E-Zigarette. Anstatt Raucher zu stigmatisieren, bietet sie eine reale Alternative. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, wie es besser geht: Dort werden E-Zigaretten aktiv als Mittel zur Raucherentwöhnung gefördert. Die Raucherquoten sind entsprechend gesunken. In Deutschland hingegen bleibt der Fokus auf Angstmacherei und überzogenen Warnungen.

Fazit: Mehr Objektivität, weniger Ideologie

Der BfR-Podcast ist ein Paradebeispiel für die Einseitigkeit in der Debatte um E-Zigaretten. Statt wissenschaftlicher Ausgewogenheit bietet er eine Mischung aus Übertreibung, Halbwahrheiten und unterschwelliger Verteufelung. Es wird Zeit, dass wir die Diskussion auf eine sachliche Ebene bringen. E-Zigaretten sind kein Allheilmittel und auch keine „Spaßprodukte“. Aber sie sind ein wertvolles Werkzeug, um die Gesundheitsrisiken des Rauchens drastisch zu reduzieren.

Die Stigmatisierung schadet nicht nur erwachsenen Rauchern, die umsteigen wollen, sondern spielt auch der Tabakindustrie in die Hände. Es wird Zeit, dass wir E-Zigaretten als das betrachten, was sie sind: eine weniger schädliche Alternative, die Millionen Menschenleben retten kann, wenn wir sie richtig nutzen. Statt Angst und Ideologie brauchen wir Aufklärung und Vernunft.


Dr. Elke Pieper ist eine Wissenschaftlerin am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin, spezialisiert auf Produktbeschaffenheit und Nanotechnologie. Sie studierte Chemie in Berlin und promovierte 2010 in Chemischer Biologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2010 bis 2013 arbeitete sie als Postdoktorandin im Bereich der biomolekularen Forschung am Department of Biology and Chemistry am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA.

Am BfR ist Dr. Pieper in der Fachgruppe Nanotechnologie und Produktbeschaffenheit tätig. Sie beschäftigt sich intensiv mit der gesundheitlichen Bewertung von E-Zigaretten und deren Inhaltsstoffen. In verschiedenen Präsentationen und Veröffentlichungen hat sie auf potenzielle Risiken hingewiesen, die mit dem Gebrauch von E-Zigaretten verbunden sein können. Dabei betont sie, dass viele der in E-Zigaretten verwendeten Stoffe noch nicht ausreichend untersucht sind und mögliche Gesundheitsgefährdungen, insbesondere durch Aromastoffe und thermische Zersetzungsprodukte, bestehen.

In einem Interview erläuterte Dr. Pieper, dass die Bewertung des Dampfens durch die Vielzahl der Produkte nicht einfacher geworden ist und betonte die Notwendigkeit weiterer Forschung, um die gesundheitlichen Risiken von E-Zigaretten besser einschätzen zu können.

Es gibt keine öffentlich zugänglichen Informationen, die auf eine Nähe von Dr. Pieper zur Pharmaindustrie hindeuten. Ihre Arbeit am BfR konzentriert sich auf die wissenschaftliche Bewertung von Risiken im Verbraucherschutz, insbesondere im Zusammenhang mit neuen Produkten wie E-Zigaretten.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert