Wie nuumi trotz Werbeverbot bei Facebook auftaucht – und warum das für alle Dampfer ein Schlag ins Gesicht ist
Seit Jahren werden Inhalte zu E-Zigaretten auf Facebook und Instagram gelöscht, eingeschränkt oder komplett verbannt. Offiziell berufen sich Meta und die EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD) dabei auf den Schutz der Gesundheit – Werbung für nikotinhaltige Produkte sei tabu, egal ob Zigarette oder moderner Vaporizer. Doch während unabhängige Dampferseiten und Fachhändler ständig mit Sperren kämpfen, taucht plötzlich Werbung für ein Gerät auf, das aussieht wie eine ganz normale E-Zigarette – nur clever als „Rauchentwöhnungs-Programm“ mit App verkauft. Der Name: nuumi.
Was hier passiert, ist mehr als nur ein Marketingtrick. Es zeigt, wie große Player mit EU-Fördergeldern und Business Angels im Rücken offenbar Wege finden, bestehende Regeln zu umgehen – und damit genau das dürfen, was kleinen Anbietern seit Jahren verboten ist. Die Frage ist: Handelt es sich hier um eine echte Innovation für den Rauchstopp – oder nur um eine geschickt verpackte E-Zigarette, die über eine regulatorische Hintertür in den Newsfeed rutscht?

Was die EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD) klar sagt
Die TPD, offiziell Richtlinie 2014/40/EU, ist in allen Mitgliedsstaaten bindendes Gesetz. Sie definiert E-Zigaretten eindeutig als Produkte, die Nikotin in Form von Dampf zum Inhalieren bereitstellen – egal ob sie wie ein klassischer „Stick“, ein Pod-System oder ein futuristischer High-Tech-Vaporizer aussehen. Auch Geräte ohne Nikotin fallen darunter, sobald sie technisch für nikotinhaltige Liquids geeignet sind.
Die zentralen Vorgaben:
- Werbeverbot: Keine Plakatwerbung, keine TV- oder Radiospots, keine bezahlten Anzeigen in sozialen Medien – ohne Ausnahme.
- Produktgrenzen: Maximal 20 mg/ml Nikotin, max. 2 ml Tankvolumen, max. 10 ml Nachfüllflaschen.
- Pflichtmeldungen: Hersteller müssen Geräte und Liquids sechs Monate vor Markteinführung den Behörden melden.
- Sicherheits- & Verpackungsvorschriften: Kindersicher, auslaufsicher, mit klaren Warnhinweisen und vollständiger Inhaltsangabe.
Die Absicht ist klar: Werbung für E-Zigaretten soll nicht mehr im öffentlichen Raum stattfinden, egal ob man Einsteiger, Umsteiger oder Langzeitdampfer anspricht.
Meta-Richtlinien: E-Zigaretten eigentlich tabu
Meta (also Facebook & Instagram) verbietet in seinen offiziellen Werberichtlinien die Promotion sämtlicher „Electronic Nicotine Delivery Systems“ – also alle Formen von E-Zigaretten, Vapes, Pods, Liquids oder Verdampfern. Das schließt sowohl klassische Werbeanzeigen als auch gesponserte Beiträge ein.
Nur eine Ausnahme wird gemacht:
Produkte zur Rauchentwöhnung dürfen beworben werden – aber nur, wenn sie von anerkannten Gesundheitsbehörden (z. B. FDA, WHO) offiziell zugelassen und als medizinisches Hilfsmittel registriert sind.
In der Praxis heißt das:
- Normale Vape-Shops und Hersteller haben keine Chance, auf Facebook/Instagram legal Werbung zu schalten.
- Selbst neutrale Produktbilder können von Meta gesperrt werden.
- Accounts können dauerhaft eingeschränkt oder gesperrt werden, wenn sie wiederholt gegen die Richtlinien verstoßen.
Und genau hier wird’s spannend: nuumi taucht plötzlich in bezahlten Facebook-Anzeigen auf – obwohl das Gerät rein technisch ein Pod-System ist, also eine ganz normale E-Zigarette. Der Trick? Es wird nicht als Vape beworben, sondern als „digitales Rauchentwöhnungsprogramm mit App-Coaching“.
Die Grauzone: Wie nuumi die Regeln umschifft
Auf den ersten Blick wirkt nuumi wie ein medizinisch geprüfter Helfer für den Rauchstopp. App-gesteuertes Coaching, Achtsamkeitsübungen, Nikotinreduktion in mehreren Schritten – das klingt nach einem Therapiegerät, nicht nach einer E-Zigarette. Doch wer sich die Hardware anschaut, erkennt sofort: Das ist technisch ein Pod-System. Gleicher Formfaktor, gleiches Prinzip – Liquid im Tank, Verdampferkopf, Akku. Der Unterschied liegt einzig im Marketing und im Begleitpaket.
Und genau hier steckt der regulatorische Kniff:
- Kein direkter Verkauf als „Vape“, sondern als Bestandteil eines Rauchentwöhnungsprogramms.
- App-Integration mit Zugzählung und „Nikotinkontrolle“ – dadurch wird das Ganze als verhaltenspsychologisches Hilfsmittel verkauft.
- Fördergelder und wissenschaftliche Begleitung schaffen ein seriöses Image, das Social-Media-Plattformen eher durchwinken.
Für die TPD ist das eigentlich irrelevant – das Gerät ist und bleibt eine E-Zigarette. Aber für Meta und ähnliche Plattformen öffnet die „Therapie-Verpackung“ eine Tür: Man kann das Produkt als Quit-Smoking-Tool anmelden und damit in die Ausnahme-Kategorie rutschen.
Das Ergebnis:
- nuumi darf bezahlte Werbung auf Facebook schalten.
- Kleine Fachhändler, die ehrliche Vapes verkaufen, bleiben ausgesperrt.
- Konsumenten bekommen in ihrem Feed den Eindruck, es handle sich um eine völlig neue Technologie – obwohl sie im Kern seit über einem Jahrzehnt existiert.
Das ist nicht nur unfair gegenüber der Branche, sondern auch ein Schlag ins Gesicht für all die Umsteiger, die in Social Media seit Jahren mit Sperren und Löschungen kämpfen.
Fazit & Forderungen: Gleiche Regeln für alle – oder gar keine
Der Fall nuumi zeigt gnadenlos, wie inkonsequent Regulierung und Plattformregeln derzeit umgesetzt werden. Während unabhängige Händler, YouTuber und Aufklärungsseiten seit Jahren gegen Sperren und Werbeverbote ankämpfen, können staatlich geförderte Start-ups mit cleverem Wording und schicker App plötzlich genau das tun, was anderen verboten ist – nämlich E-Zigaretten bewerben.
Ob man es „Smart Vaporizer“ oder „Rauchentwöhnungsprogramm“ nennt, spielt technisch keine Rolle. Der Konsument inhaliert weiterhin nikotinhaltigen Dampf. Der einzige Unterschied: Das eine Produkt wird als Lifestyle-Gerät stigmatisiert, das andere als medizinischer Fortschritt gefeiert.
Wenn Regulierung glaubwürdig sein will, braucht es endlich gleiche Regeln für alle Anbieter. Entweder gilt das Werbeverbot für sämtliche nikotinhaltigen Geräte – unabhängig von Marketingverpackung – oder man öffnet den Markt fair und erlaubt auch kleinen Anbietern, ihre Produkte sachlich zu bewerben.
Solange Plattformen wie Facebook ihre eigenen Regeln nur selektiv durchsetzen, entsteht ein verzerrter Wettbewerb. Und das schadet am Ende nicht nur den Herstellern und Händlern, sondern vor allem den Rauchern, die verlässliche Informationen und echte Auswahl bräuchten.
Die Botschaft an Politik und Plattformen ist klar: Hört auf, mit zweierlei Maß zu messen – sonst bleibt der Rauchstopp für viele nur ein Werbegag im Newsfeed.