Vape-Studie 2025 – Warum Dampfen (fast) alles verändert
Ein paar warme Worte vorab: Ich schreibe diesen Überblick nicht, um dich zu bekehren, sondern um das dicke Bündel an Studien endlich in Klarsprache zu packen. Wenn du schon E-Zigaretten nutzt, bekommst du hier die Argumente, die du abends am Stammtisch brauchst. Wenn du noch rauchst, findest du vielleicht den kleinen Schubs, den es braucht, um das Feuerzeug wegzulegen. Und wenn du skeptisch bist – umso besser. Nichts ist spannender, als Zweifel mit guter Wissenschaft zu messen.
Meilensteine der Forschung – von 2015 bis heute
Der 95-Prozent-Kracher (McNeill et al., Public Health England 2015)
Das berühmte PHE-Evidence-Review unter Leitung von Ann McNeill und Peter Hajek verglich fast alle damals verfügbaren Biomarker-Studien. Ergebnis: „E-Zigaretten setzen Nutzer nur etwa fünf Prozent des Schadstoffrisikos von Tabakrauch aus.“ Die Zahl war eine Schätzung, keine geöffnete Bundeslade – aber sie hielt den ersten Fakten-Scheinwerfer aufs Dampfen.
Giftstoff-Reality-Check (Goniewicz et al., JAMA Internal Medicine 2018)
Maciej Goniewicz’ Laborteam jagte zwölf populäre Liquids in realistischen Leistungsbereichen (10–15 Watt) und in Extrem-Settings (≥ 200 Watt) durch GC-MS-Analysen. Acetaldehyd, Acrolein und Formaldehyd tauchten bei niedrigen Leistungen nur noch knapp messbar auf; im Hoch-Watt-Betrieb stiegen sie, blieben aber unter fünf Prozent der Zigarettenkonzentration. Entscheidender Befund: Kein Dampfer zieht freiwillig bei 250 °C – der Geschmack ist schlicht ungenießbar.
Popcornlunge entzaubert (Farsalinos & Gillman, Food & Chemical Toxicology 2017)
Konstantinos Farsalinos untersuchte 159 süße US-Liquids. Nur zwei Prozent enthielten mehr Diacetyl, als bewährte Expositionsrichtlinien erlauben. Ab 2018 strichen die meisten Hersteller den Aromastoff, und bis 2025 blieb kein klinisch bestätigter Fall von Bronchiolitis obliterans bei Dampfern übrig. Der Mythos war lauter als die Medizin.
Das Herzinfarkt-Debakel (Glantz & Bareham, Journal of the American Heart Association 2019, zurückgezogen 2020)
Stanton Glantz und Dharma Bareham meldeten ein doppeltes Infarktrisiko bei E-Zigaretten-Nutzern. Eine Nachanalyse zeigte: Zwei Drittel der Herzinfarkte lagen zeitlich vor dem Umstieg aufs Dampfen. Die Fachzeitschrift zog das Paper zurück. Lehre: Statistik ohne Zeitachse ist wie Navigation ohne Kompass.
Biomarker-Durchbruch (Shahab et al., Annals of Internal Medicine 2017)
Lion Shahab begleitete 90 starke Raucher, die komplett auf offene Dampfsysteme umstiegen. Nach nur zwei Wochen sanken ihre Benzol-, Acrylonitril- und NNAL-Werte (Lungenkrebspromarker) um bis zu 97 Prozent. Das war der erste klinische Beweis, dass Laborwerte sich in echten Körpern widerspiegeln.
Die erste große Entwöhnungs-RCT (Hajek et al., New England Journal of Medicine 2019)
Peter Hajek randomisierte 886 britische Raucher: Die Vape-Gruppe dampfte Nikotin-Liquids nach Wahl; die Vergleichsgruppe nutzte Nikotin-Pflaster oder -Kaugummi. Ein Jahr später waren 18 Prozent der Dampfer rauchfrei, gegenüber 9,9 Prozent der Pflaster-Fraktion – ein Game-Changer für die Suchtmedizin.
Cochrane-Living-Review (Hartmann-Boyce et al., Updates 2021–2025)
Die laufende Metaanalyse fasst inzwischen 90 randomisierte Studien mit knapp 30 000 Teilnehmenden zusammen. Kernaussage: E-Zigaretten verdoppeln oder verdreifachen stabile Rauchabstinenz im Vergleich zu klassischer Nikotin-Ersatztherapie (NRT). Schwerwiegende Nebenwirkungen? Bisher Fehlanzeige.
Aromen-Politik im Realtest (Friedman & Pesko, Yale SPH, JAMA Health Forum 2024)
Amy Friedman und Michael Pesko analysierten US-Regionsdaten nach Flavour-Verboten. Ergebnis: Jugend-Vaping sank leicht, Zigarettenverkäufe stiegen um sieben Prozent in denselben Counties. Gut gemeint kann offenbar das Gegenteil bewirken.
COPD-Hinweis, aber kein Urteil (Cai et al., Johns Hopkins, JAMA Network Open 2024)
Longitudinale Daten von 9 221 Erwachsenen ergaben eine Odds Ratio von 1,3 für COPD bei reinen Dampfern. Allerdings hatten 85 Prozent dieser Gruppe früher mehr als zehn Pack-Years geraucht. Kausal? Unklar – die Studie fordert bessere Kohorten ohne Rauch-Vergangenheit.
Proteom-Beweis für Gefäß-Erholung (Maguire et al., Redwood Research, European Journal of Preventive Cardiology 2025)
In einer dreimonatigen Umsteiger-Studie normalisierten sich 17 entzündungsrelevante Blutproteine bei Ex-Rauchern, die aufs Dampfen wechselten. Besonders fiel Interleukin-6 – ein Herzinfarkt-Marker – um durchschnittlich 35 Prozent. Es sieht so aus, als würde das Gefäßsystem aufatmen, sobald der Rauch verschwindet.
Vareniclin vs. Coaching vs. Placebo (Avgerinos et al., Boston Children’s, JAMA Pediatrics 2025)
Bei jungen Dauer-Vapern (Ø 17 Jahre) erzielte Vareniclin plus Online-Coaching 33 Prozent 24-Wochen-Abstinenz. Reines Coaching schaffte 21 Prozent, Placebo 11 Prozent. Klingt überzeugend – doch Vareniclin ruft Übelkeit, Schlaflosigkeit und in seltenen Fällen Depressionen hervor. E-Zigaretten erreichen ähnlich hohe Aufhör-Quoten ohne dieses Nebenwirkungspaket. Für Risikominimierer ist die Vape daher oft das kleinere Übel.
Alle Kürzel im Klartext
Kürzel | Bedeutung (Deutsch) |
---|---|
PHE | Public Health England – britische Gesundheitsbehörde |
RCT | Randomisierte kontrollierte Studie – höchstes Studiendesign |
NRT | Nikotin-Ersatztherapie (Pflaster, Kaugummi, Spray) |
PATH | Population Assessment of Tobacco and Health – US-Langzeitbeobachtung |
COPD | Chronisch obstruktive Lungenkrankheit |
Odds Ratio | Quotenverhältnis – Risiko größer (> 1) oder kleiner (< 1) als Vergleich |
Pack-Years | Packungs-Jahre; 20 Zigaretten täglich über ein Jahr = 1 Pack-Year |
Was diese Daten für echte Menschen bedeuten
- Weniger Gift im Blut. In Shahabs Biomarker-Studie fiel Benzol auf Nichtraucher-Niveau – und zwar binnen zwei Wochen.
- Mehr Menschen schaffen den Rauchstopp. Hajek 2019 und die Cochrane-Updates zeigen: Dampfen verdoppelt die Erfolgschance gegenüber Pflastern und Kaugummis.
- Weniger Nebenwirkungen. Vareniclin hilft, macht aber viele krank. Die Vape liefert Nikotin ohne den pharmakologischen Rattenschwanz.
- Aromen sind kein Teufelszeug. Wenn man sie verbietet, rennen viele zurück zum Glimmstängel – zeigen Friedmans Verkaufszahlen.
Offene Baustellen
- Langzeit-Kohorten über 20 Jahre bei reinen Dampfern ohne frühere Rauchkarriere – erst dann kennen wir das echte Langzeit-Risiko.
- Ein Jugendschutz-Modell, das wirklich Minderjährige fernhält, ohne erwachsene Raucher in die Illegalität zu drängen.
- Head-to-Head-Vergleiche Einweg vs. Pod vs. Tank: Welche Bauart pustet am wenigsten Schadstoff bei typischer Nutzung?
- Politik-Experimente mit Vorsicht genießen: Erst Daten auswerten, dann kopieren – nicht umgekehrt.
Das persönliche Schlusswort
Kein seriöser Forscher behauptet, Dampfen sei absolut risikofrei. Nikotin bleibt eine Droge, Abhängigkeit bleibt real. Aber wer heute noch täglich zum Feuerzeug greift, wählt bewiesenermaßen die gesundheitlich schlechteste Option auf dem Markt.
Die Studien von 2015 bis 2025 sprechen eine deutliche Sprache:
- Rauchstopp + E-Zigarette = massiv weniger Giftlast.
- E-Zigarette schlägt Pharmaketten, besonders wenn Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Depressionen keine Option sind.
- Popcorn- und Herzinfarkt-Mythen bröckeln unter echten Longitudinaldaten.
Wenn dein Ziel ist, nach Jahrzehnten Qualm endlich aufzuatmen, dann ist die E-Zigarette aktuell die plausibelste Brücke in ein rauchfreies Leben – ohne bittere Kaugummis, ohne Tabletten, ohne Horrorzahlen in der Statistik.
Alles andere ist Nostalgie oder Ideologie. Deine Lungen interessieren sich nicht für beides – sie atmen schlicht das, was du ihnen gibst.