CSU gegen die E-Zigarette: Lobby, Macht und der gefährliche Plan, Tabak und Dampfen gleichzusetzen
Die CSU in Bayern fordert, dass E-Zigaretten, Tabakerhitzer und E-Shishas rechtlich dem Tabakrauchen gleichgestellt werden. Was zunächst nach einer kleinen Anpassung im bayerischen Gesundheitsschutzgesetz klingt, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als ein politisches Manöver mit weitreichenden Folgen.
Es geht nicht um Jugendschutz. Es geht nicht um Gesundheit. Es geht um Macht, Geld und Einfluss.
Und es geht um die Frage, warum eine Partei wie die CSU dieses Thema gerade jetzt aufgreift – während gleichzeitig die wissenschaftlichen Fakten zur E-Zigarette klar belegen, dass sie um ein Vielfaches weniger schädlich ist als Tabak.
Was die CSU fordert
Seit 2008 gilt in Bayern ein strenges Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden, Schulen, Krankenhäusern, Gaststätten und Flughäfen. Bisher betrifft es ausschließlich das Rauchen von Tabak.
Die CSU will dieses Gesetz nun erweitern: Auch E-Zigaretten, Tabakerhitzer und E-Shishas sollen künftig verboten sein, wo heute nicht geraucht werden darf.
CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek begründet das so:
- „Gesundheitsschutz darf keine Lücken haben.“
- „E-Zigaretten sind kein harmloses Lifestyle-Produkt, sondern können Einstieg in die Nikotinabhängigkeit sein.“
- „Auch für Dritte können gesundheitsschädliche Substanzen freigesetzt werden.“
Mit diesen Sätzen stellt die CSU die E-Zigarette auf eine Stufe mit Tabak – und blendet dabei alle Unterschiede bewusst aus.
Faktencheck: Was die Wissenschaft wirklich sagt
- E-Zigaretten verbrennen keinen Tabak
- Der größte Unterschied: Rauchen bedeutet Verbrennung. Dabei entstehen Teer, Kohlenmonoxid, Schwermetalle, krebserregende Stoffe.
- Beim Dampfen wird eine Flüssigkeit erhitzt, die Propylenglykol, Glycerin, Aromen und optional Nikotin enthält.
- Keine Verbrennung = drastisch weniger Schadstoffe.
- Schadensminderung von bis zu 95 %
- Studien aus Großbritannien, Neuseeland und Kanada zeigen: Das gesundheitliche Risiko einer E-Zigarette liegt bei unter 5 % im Vergleich zur Tabakzigarette.
- Auch deutsche Behörden bestätigen eine deutliche Reduktion.
- Passivdampf ≠ Passivrauch
- Luftanalysen in geschlossenen Räumen belegen: Beim Dampfen sind die Stoffe kaum messbar und liegen auf Hintergrundniveau.
- Tabakrauch hingegen enthält über 7.000 Chemikalien, davon Hunderte giftig und mindestens 70 krebserregend.
- Nikotin ist nicht der Killer
- Nikotin macht abhängig, ist aber nicht die Substanz, die Krebs oder Herzinfarkte verursacht.
- Gefährlich wird Nikotin erst durch die Kombination mit Verbrennungsstoffen in der Zigarette.
Die CSU ignoriert all diese Fakten und schiebt die E-Zigarette in dieselbe Ecke wie Tabak. Das ist nicht nur falsch, sondern gefährlich.
Wer profitiert von der Gleichstellung?
Die Frage ist entscheidend: Cui bono? Wem nützt es, wenn Dampfen wie Rauchen behandelt wird?
1. Die Tabakindustrie
- Für Tabakkonzerne ist die E-Zigarette zweischneidig: Sie investieren zwar selbst in „Next Generation Products“, aber nur dort, wo sie die Kontrolle haben.
- Wenn Politik die E-Zigarette genauso streng reguliert wie Tabak, verschwinden kleine unabhängige Hersteller und Shops vom Markt.
- Übrig bleiben die großen Player – Philip Morris, BAT, JTI – die das Spiel mitspielen können.
- Gleichzeitig sinkt der Anreiz für Raucher, umzusteigen. Das stabilisiert den Absatz klassischer Zigaretten.
2. Die Pharmaindustrie
- Für Pharmaunternehmen ist die E-Zigarette ein direkter Konkurrent.
- Nikotinpflaster, Sprays und Kaugummis verlieren massiv an Bedeutung, wenn Raucher eine echte Alternative haben.
- Auch Langzeiterkrankungen wie COPD, Lungenkrebs oder Herzinfarkte – die Milliardenmärkte für Medikamente – werden langfristig weniger, wenn mehr Menschen umsteigen.
- Kein Wunder, dass die Pharmaindustrie kein Interesse daran hat, dass die E-Zigarette positiv wahrgenommen wird.
3. Die Politik
- Mit „Jugendschutz“ und „Gesundheitsschutz“ lassen sich Schlagzeilen machen.
- Die CSU präsentiert sich als konsequent und wertkonservativ, während die Bundesregierung Cannabis legalisiert.
- Gleichzeitig bleiben die Steuereinnahmen aus Tabak stabil, wenn weniger Menschen umsteigen.
Verbindungen: CSU, Holetschek und Industrie
Spenden & Sponsoring
- Philip Morris und andere Tabakkonzerne haben in den letzten Jahren regelmäßig Geld an CDU/CSU gespendet und Parteitage gesponsert.
- Auch die CSU profitierte von dieser Unterstützung.
Holetschek und die Pharmaindustrie
- Holetschek trat mehrfach als Redner auf Branchen-Events auf, u. a. bei den „Pharma Trend & Innovation Awards“.
- Er ist maßgeblich in die Pharmainitiative Bayern eingebunden, ein Schulterschluss von Politik und Industrie zur Standortförderung.
- Er lobt die Pharmaindustrie regelmäßig als „Leitindustrie“ und warnt vor Abgaben oder Regeln, die ihr schaden könnten.
- Treffen mit Konzernen wie Novartis sind dokumentiert.
Die Nähe zu beiden Branchen – Tabak und Pharma – ist also belegt.
Timing: Warum jetzt?
Die Frage bleibt: Warum packt die CSU das Thema ausgerechnet jetzt an?
- Vorbereitung auf Wahlkämpfe: Mit dem Thema kann man sich als „konsequent beim Gesundheitsschutz“ profilieren.
- Gegengewicht zur Cannabis-Legalisierung: Während Berlin liberalisiert, setzt Bayern auf Strenge – ein bewusstes Kontrastprogramm.
- Steuerpolitische Weichenstellung: 2026 tritt die zweite Stufe der Liquidsteuer in Kraft. Die Gleichstellung liefert das politische Argument, warum Liquids dann teurer sein „müssen“.
- Signal an Brüssel: Deutschland könnte mit Bayern im Rücken eine europaweite Gleichstellung vorantreiben.
Was wären die Folgen?
- Steuerliche Vollangleichung
Schon heute sind Liquids durch die Steuer oft teurer als Zigaretten. Mit 2026 wird der Abstand noch größer. Gleichstellung legitimiert dieses Ungleichgewicht politisch. - Werbe- und Informationsverbot
Wenn E-Zigaretten als Tabak gelten, unterliegen sie denselben strikten Werberegeln. Aufklärung wird unmöglich. - Plain Packaging und Schockbilder
Liquids und Geräte könnten wie Zigaretten mit abschreckenden Bildern versehen werden – ohne Differenzierung zwischen Rauch und Dampf. - EU-Druck
Deutschland als einflussreiches Mitglied könnte diese Linie nach Brüssel tragen. Eine europaweite Gleichstellung wäre denkbar. - Rückschritt in der Gesundheitsvorsorge
Weniger Menschen steigen um, mehr Menschen bleiben beim Tabak. Die Krankenkassen zahlen die Rechnung – die Industrie profitiert.
Fazit: Politik gegen die Vernunft
Die Forderung der CSU zur Gleichstellung der E-Zigarette ist kein Schutz für Kinder, sondern ein Geschenk für Tabak- und Pharmakonzerne.
- Sie ignoriert wissenschaftliche Fakten.
- Sie verhindert Aufklärung.
- Sie schwächt den Umstieg.
- Sie kostet am Ende Menschenleben.
Es ist Symbolpolitik, Industriepolitik und Machterhalt – aber ganz sicher kein Gesundheitsschutz.
Die Wahrheit ist: Die E-Zigarette ist die effektivste Möglichkeit, Raucher vom Tabak wegzubringen. Wer sie dem Tabak gleichstellt, macht sich mitschuldig daran, dass Menschen weiter rauchen – und früher sterben.