| |

„Vitamin-Vape“ aus Paris – Wie Oréva versucht, mit einem neuen Konzept die TPD zu umgehen

Auf den ersten Blick wirkt es harmlos, fast schon modern: Ein kleiner Stick, beworben als „Vitamin-Boost“ für Menschen, die vom Rauchen loskommen wollen. Keine Rede von Nikotin, keine Rede von Tabak. Stattdessen eine Marketing-Sprache, die an Wellness, Nahrungsergänzungsmittel und Lifestyle erinnert. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Hinter dem Produkt Oréva Air/Frais verbirgt sich nichts anderes als eine E-Zigarette – technisch und inhaltlich. Und damit beginnt ein Konflikt mit der europäischen Tabakrichtlinie TPD 2, der so klar wie brisant ist.


Technik wie eine Vape – nur anders verpackt

Die Zusammensetzung des Oréva-Sticks unterscheidet sich nicht von klassischen E-Zigaretten: Propylenglykol (PG) und pflanzliches Glycerin (VG) als Basis, dazu Aromen und Stoffe wie Menthol oder Vanillin. Es wird Dampf erzeugt, der eingeatmet wird – genau wie bei einer herkömmlichen Vape.

Der Unterschied: Anstelle von Nikotin setzt Oréva auf Vitamine (A, B6, B12, C, D) und Koffein. Die Wirkung wird offen als gesundheitsfördernd beschrieben: bessere Stimmung, Energie, sogar Regeneration für die Lunge. Damit betritt das Produkt eine rechtliche Grauzone – genauer gesagt: es überschreitet die Grenzen, die die EU klar gezogen hat.

Bildquelle: Screenshot Webseite v. Oréva

Was die TPD 2 klar verbietet

Die EU-Tabakrichtlinie 2014/40/EU (TPD 2) ist eindeutig:

  • Vitaminsubstanzen, die den Eindruck erwecken, ein Produkt sei gesund oder mindere Risiken, sind in E-Zigaretten verboten.
  • Koffein, Taurin oder vergleichbare Stimulanzien, die mit Vitalität und Energie in Verbindung gebracht werden, sind ebenfalls untersagt.
  • Das Verbot gilt unabhängig vom Nikotingehalt.

Genau hier liegt der Knackpunkt: Oréva vermarktet ein Produkt, das technisch als E-Zigarette einzustufen ist, und fügt genau jene Zusätze hinzu, die nach der TPD nicht erlaubt sind.

Bildquelle: Screenshot Webseite v. Oréva

Marketing über Social Media

Besonders deutlich wird die Strategie in der Werbung. Oréva setzt auf Social-Media-Kampagnen, mit auffälligen Ads auf Plattformen wie Facebook und Instagram. In den Anzeigen wird das Ritual des Rauchens nachgeahmt – Hand-zu-Mund-Geste, sichtbarer Dampf – nur mit einem „gesunden“ Anstrich. Testimonials sprechen von mehr Energie, besserem Wohlbefinden, Hautverbesserungen und sogar gesteigerter Sehkraft.

Das ist nicht nur cleveres Marketing – es ist auch problematisch. Denn laut TPD dürfen E-Zigaretten weder mit gesundheitsbezogenen Aussagen noch mit Vorteilen wie Wellness oder Beauty beworben werden.


Wer steckt dahinter?

Die Spuren führen nach Paris. Während die deutsche Seite orevaparis.de keinerlei Impressum enthält – was in Deutschland ein klarer Verstoß gegen die Impressumspflicht nach § 5 TMG ist – finden sich auf der französischen Domain Angaben zum Betreiber:

  • Firma: TechNova
  • Handelsname: Oréva Paris
  • Adresse: 19 Rue du Faubourg Montmartre, 75009 Paris
  • SIREN-Nummer: 452 477 100
  • Handelsregister: Paris RCS 4003 726 709
  • Direktor der Veröffentlichung: Marc Rotulier

Damit ist klar: Oréva ist kein kleines Start-up, das mal eben ein Wellness-Gadget anbietet. Es handelt sich um ein kommerzielles Unternehmen, das bewusst unterschiedliche Märkte bedient – in Frankreich offiziell mit Impressum, in Deutschland über eine Landingpage ohne Anbieterkennzeichnung.


Ein klarer Umgehungsversuch

Fasst man die Fakten zusammen, ergibt sich ein eindeutiges Bild:

  • Technisch handelt es sich um eine E-Zigarette.
  • Zusätze wie Vitamine und Koffein sind nach TPD 2 ausdrücklich verboten.
  • Gesundheitsversprechen in der Werbung verstoßen gegen geltendes Recht.
  • Fehlendes Impressum auf der deutschen Domain ist ein weiterer klarer Rechtsverstoß.

Das Produkt wird somit nicht nur in einer Grauzone angeboten – es bewegt sich außerhalb der rechtlichen Grenzen.


Warum das Thema relevant ist

Der Fall Oréva zeigt, wie findig manche Marktteilnehmer sind, wenn es darum geht, klare Regeln zu umgehen. Während Hersteller klassischer E-Zigaretten sich streng an die TPD-Vorgaben halten müssen – von Inhaltsstoffmeldungen bis zu Werbebeschränkungen –, versucht Oréva mit einem Wellness-Label genau diesen Regularien zu entkommen.

Das ist nicht nur unfair gegenüber seriösen Anbietern, sondern auch gefährlich für Verbraucher, die in der Werbung ein sicheres, ja sogar gesundes Produkt zu sehen glauben.


Fazit

Der „Vitamin-Vape“ von Oréva ist ein Musterbeispiel für kreatives, aber rechtlich fragwürdiges Marketing. Statt ehrlich als E-Zigarette auf den Markt gebracht zu werden, wird das Gerät als Lifestyle- und Gesundheitsprodukt inszeniert. Dabei werden sowohl die klaren Verbote der TPD als auch nationale Pflichten wie die Impressumspflicht in Deutschland ignoriert.

Oréva zeigt damit, wie Schlupflöcher und unterschiedliche Marktbedingungen ausgenutzt werden können. Doch im Kern bleibt es eine E-Zigarette – und damit ein Produkt, das nicht so vermarktet werden darf, wie es aktuell geschieht.


👉 So bleibt am Ende nur eine Schlussfolgerung: Hier wird mit einem „Vitamin-Mäntelchen“ verschleiert, was eigentlich längst reguliert ist. Und das zeigt einmal mehr, wie wichtig eine wachsame Beobachtung dieses Marktes bleibt.

Thomas Frohnert aka Steamshots ist leidenschaftlicher Dampfer, Technik-Enthusiast und Betreiber von steamshots.de. Seit über zehn Jahren setzt er sich intensiv mit dem Thema Dampfen und Harm Reduction auseinander. Auf seinem Blog teilt er fundierte Einblicke, ehrliche Reviews und praxisnahe Tipps rund um Aromen, Hardware und aktuelle Entwicklungen der Branche. Sein Ziel: Aufklärung ohne Hype – sachlich, verständlich und mit einem persönlichen Touch.

Ähnliche Beiträge

5 Kommentare

  1. „Denn laut TPD dürfen E-Zigaretten weder mit gesundheitsbezogenen Aussagen..“

    Korrekt – dementsprechend müssen alle Influenzer endlich aufhören, elektrische Zigaretten als „erfolgreiche Raucherentwöhnung“ zu bewerben:
    Das ist ebenfalls eine „gesundheitsbezogene Aussage“.
    Dazu würde jedoch gehören, auch E-Zigaretten komplett zu entwöhnen, was nachweislich fast niemand gemacht hat.

    1. Komplett falsch. E-Zigaretten als erfolgreiche Rauchentwöhnung zu bezeichnen, ist keine „gesundheitsbezogene Aussage“, sondern Fakt – dafür gibt es genug Studien und Praxisdaten, in England werden sie sogar offiziell von der Gesundheitsbehörde empfohlen. Der Unterschied ist klar: Vitamine und Koffein im Liquid sind verboten, weil sie suggerieren, ein Produkt sei gesund – das ist bei E-Zigaretten nicht der Fall. Ziel ist der Ausstieg aus dem Tabak, und genau das haben Millionen geschafft, auch wenn sie weiter dampfen. Das Risiko ist dabei nachweislich um ein Vielfaches geringer. Zu behaupten, es müsse gleich ein kompletter Nikotinentzug sein, geht völlig an der Idee von Schadensminimierung vorbei.

  2. Die Bezeichnung „Safer Use“ ist gesundheitspolitisch weniger gefährlich und schliesst einen dauerhaften Nikotinkonsum nicht mehr aus.

    Diese „Oréva“ hat mit elektrischen Zigaretten übrigens nichts zu tun, da sie nicht elektrisch funktioniert (überliest man leicht – „Ohne Batterie“):
    Es ist nur ein Röhrchen, mit dem man einen Mini-Hauch von Aromen/Vitaminen in die Mundhöhle saugen kann. Da kommt kein Dampf.
    In die TPD gehört dieses Produkt nicht hinein.
    Es gibt immer wieder ähnliche Produkte – das kann leicht verwirren.

    1. Die Argumentation stimmt so nicht. Ob man es „Harm Reduction“ oder „Safer Use“ nennt, ändert nichts daran, dass E-Zigaretten eine der erfolgreichsten Methoden sind, um Menschen dauerhaft vom Tabak wegzubringen – das ist längst wissenschaftlich belegt. Und Oréva hat technisch sehr wohl mit E-Zigaretten zu tun: Basisstoffe sind Propylenglykol, Glycerin und Aromen, es entstehen 500 Züge mit sichtbarem Nebel – genau wie beim Dampfen. Dass keine Batterie verbaut ist, macht das Produkt nicht zu einem harmlosen „Röhrchen“, sondern zu einem Inhalator, der das gleiche Prinzip nutzt. Entscheidend ist nicht der Strom, sondern dass eine Flüssigkeit vernebelt und inhaliert wird. Genau deshalb fällt es in den Geltungsbereich der TPD – und Zusätze wie Vitamine oder Koffein sind darin ausdrücklich verboten. Zu behaupten, das habe mit E-Zigaretten nichts zu tun, ist schlicht irreführend.

  3. „es entstehen 500 Züge mit sichtbarem Nebel –“
    „“Dass keine Batterie verbaut ist, macht das Produkt nicht zu einem harmlosen „Röhrchen“, sondern zu einem Inhalator, “

    Kreative Marketing-Installateure haben sogar mal vor Jahren sichtbaren Dampf aus dem Nicorette Inhalator kommen lassen-)
    Spätestens da wurde klarer, dass man uns so einige Dampfbären aufbinden wollte.

    „Entscheidend ist nicht der Strom, sondern dass eine Flüssigkeit vernebelt und inhaliert wird. Genau deshalb fällt es in den Geltungsbereich der TPD“

    Grundsätzlich hätten elektrische Zigaretten allgemein gar nichts in der TPD zu suchen, da sie keinen Tabak enthalten.
    Sagte auch die EU-Kommission 2008…Zitat:
    „Electronic cigarette not containing tobacco is not a tobacco product under the Tobacco
    Products Directive. “
    https://ec.europa.eu/health/ph_determinants/life_style/Tobacco/Documents/orientation_0508_en.pdf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert